UNDINE GEHT


Uraufführung / eine Reise mit dem Zug

Text INGEBORG BACHMANN
Idee, Inszenierung & Logistik HELGA UTZ
Ton-Einspielungen OLGA NEUWIRTH
Ausstattung THOMAS UNTHAN
Sprachregie JAN KONIECZNY
Tonmeister JÖRG BEHRENS
Konzeptionelle Mitarbeit AGNES BURGHARDT / BARTHOLOMÄUS
KLEPPEK / FALKO NICKEL / ANDREAS TIEDEMANN / MARCO TÖLZER
Presse VERENA ASCHAUER / VERENA BIERL

mit JAN KONIECZNY / JESSICA RUST / JOHANNA DIEKMEYER /
JOSEPHINE FABIAN / MARTIN HEMMER / FELIX JEITER / SUSANNE LITSCHAUER / EVA SAKALOVA (Schauspiel)
WALTHER SOYKA (Akkordeon) und andere

eine Produktion der OPER UNTERWEGS in Zusammenarbeit mit den ÖBB
Szenenbilder von SIRA-ZOÈ SCHMID





Der Text von Ingeborg Bachmann und die Musik von Olga Neuwirth, die für diese Aufführungen einen Kompositionsauftrag erhalten hat, bilden ein integratives Ganzes, das sich dem FAHREN unterordnet. Undine als Inbegriff des unbehausten Wesens, das sich sehnt und fordert und leer ausgeht, gerufen wird, im Leben der Männer eindringt, einsteigt, ein Stück Weges mitgenommen wird und wieder weggehen muss, als Thema für eine ungewöhnliche Reise.

Gespielt wird in einer Garnitur der S-Bahn aus den Sechzigerjahren, die von Heiligenstadt aus zunächst die historische Trasse der Verbindungsbahn von Otto Wagner befährt, die ursprünglich Franz Joseph ermöglichen sollte, seine Truppen rasch zusammenzuziehen. Vorbei ziehen Luftbadeanstalt, Friedhof, Gründerzeithäuser und Industrieanlagen, die alten Jugendstilbahnhöfe, bis Penzing. Dort nimmt der Zug einen vom Publikum noch nie befahrenen Weg: Es geht nach Speising, über die stillgelegten Bahnhöfe Maxing und Oberlaa nach Kledering, dem großen Verschiebebahnhof, wo sich 56 Gleise nebeneinander befinden. Durch die Erdberger Lände und die Praterauen fährt man schließlich die historische Donauuferbahn entlang, die sonst nur für Güterverkehr freigegeben ist, zurück bis Heiligenstadt. > Mehr zur Bahnstrecke gibts hier

Bachmanns berühmte Erzählung von 1961 ist erstaunlich akut, der Text schmerzt und fordert unbeirrt. Bachmann lässt keine emotionalen Nachsichtigkeiten durch, sie zwingt zu einer Haltung. In diesem Sinne ist der Text historisch, denn Moral und Haltung gelten als obsolet. Er kommt uns auf der Fahrt selbst wie Undine entgegen, radikal und verloren zugleich.Die OPER UNTERWEGS bespielt öffentliche Räume: Die Grenzen zwischen den realen Bildern und den inszenierten Szenen lösen sich in der Wahrnehmung auf. Der Zuschauer setzt sich sein eigenes Theater zusammen, die Stadt, die Bahn, die Szenen innen und außen, die bildlichen Installationen werden zu einem ganz eigenen aufregenden Erlebnis.

> Das Programmheft gibt es hier als Download




Meine Existenz ist eine andere, ich existiere nur, wenn ich schreibe, ich bin nichts, wenn ich nicht schreibe, ich bin mir selbst vollkommen fremd, aus mir herausgefallen, wenn ich nicht schreibe. (...) Es ist eine seltsame, absonderliche Art zu existieren, asozial, einsam, verdammt, es ist etwas verdammt daran.

Ingeborg Bachmann am 2. Mai 1972
in der Rede anlässlich der Verleihung des Anton-Wildgans-Preises



PRESSESTIMMEN




Ungewöhnliche Projekte. Dass auch anspruchsvolle Projekte sich der sinnenfrohen Erfahrung nicht verschließen müssen, ohne einer von Einfaltquoten bestimmten «Culture light» auf den Leim zu gehen, bewiesen in diesem Sommer zwei Projekte der freien Wiener Musiktheaterszene. Von Gerhard Persché / OPERNWELT
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„Undine geht“ - Surreale Wasser-Reise zwischen Bachmann und Neuwirth. Utl.: Neues Projekt „Oper unterwegs“ bespielt alte S-Bahn - Bejubelte Uraufführung der Auftragskomposition von Olga Neuwirth zu Bachmann-Erzählung. Von Sonja Harter / APA > weiterlesen




Sie hält was sie verspricht.
Die neu gegründete „Oper unter- wegs“ zeigt eine Inszenierung von Ingeborg Bachmanns „Undine geht“, in der man sich nicht nur im Kopf auf die Reise begibt. Von Katja Kramp / Kulturwoche
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Ganz Wien ist Bühne - wenn „Undine geht“. ...Und eine Reise war es - mit dem Zug - und ein Erlebnis war es auch - mit neuen Einblicken ins Wiener Stadtgebiet und Umland... freikarte.at / KulturBlog > weiterlesen




...Ein außergewöhnliches Theatererlebnis... Von Julia Schilly / der Standard
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Il pubblico si raccoglie alla testa del binario di una stazione. Segue una breve scena introduttiva che sfrutta al meglio le potenzialità offerte dal luogo, cabine telefoniche e ascensori inclusi. Von Juri Giannini / giornaledellamusica.it
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UNDINE

Die Undine ist ein weiblicher, jungfräulicher Wassergeist. Die Umrisse speisen sich aus den Bildern der halbgöttlichen Elementargeister, die aus der Antike auf uns gekommen sind, etwa Daphne, der Lorbeer, in den sich die Wassernymphe auf der Flucht vor dem sexuellen Übergriff Apolls verwandelte – deshalb der Lorbeer auf dem Künstlerhaupt, denn Apoll konnte sie nicht vergessen. In der christlichen Überlieferung überlebte sie als populäre Figur der Nixe als Verschmelzung der antiken Najaden mit heidnischen Traditionen zu einem halb hilflosen, halb tödlichgefährlichen Wesen. Allerdings geht ihre Überlieferung auf noch ältere als antike Vorstellungen zurück, auf schamanistische, magische Modelle, die sich die Natur als belebt denken.

Die Undinen oder Nixen des Mittelalters haben keine Seele, sehnen sich aber danach und schließen sich deshalb einem Mann an, der ihnen nach treuem und treusorgendem Leben dazu verhelfen kann. Noch aus der frühen Neuzeit ist eine „wissenschaftliche“ Darstellung des berühmten Arztes Paracelsus überliefert, der die Existenz der Wasserwesen als selbstverständlich gegeben annimmt und allerhand Wissenswerte übermittelt, insbesondere für Männer, die nicht ganz sicher sind, ob ihre Ehefrau nicht vielleicht eine Undine ist.

Die Verbindung Frau und Wasser ist eine uralte – Aphrodite wird aus Wasserschaum geboren, das Unbestimmte, das Veränderliche, das Formlose, die Fruchtbarkeit, die Schönheit, die unsichtbare Gefahr, das Lockende und Verschlingende eint (aus männlicher Sicht!) das Wasser und das Weibliche. Das Verführende wird in der Mythologie noch verstärkt durch den Gesang, dem ein Mann kaum widerstehen kann – die Sirenen töten die Männer, grundlos, ebenso wie Loreley, die allerdings aus verletzter Liebe handelt.

Der Mann ist der Frau – so gesehen seiner eigenen Sexualität – ausgeliefert ähnlich wie in einem Boot der hohen See.

Helga Utz